Brief von Gerd – Liebe (Wulff) Wahrheit der BILD-Zeitung!

Habe in den letzten Wochen die sog. Wulff-Affäre intensiv verfolgt. Seit 13. Dezember 2011, beginnend mit einer Veröffentlichung in der BILD, geriet Wulff wegen mehrerer Verdachtsfälle auf Vorteilsannahme während seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident, sowie  wegen Behinderung der Pressefreiheit in die Kritik. Meine Meinung gleich zu Beginn – ich wünsche den Deutschen viel Glück, einen Politiker im Alter von Christian Wulff zu finden, der bei so genauer Durchleuchtung durch die Medien, deren Anforderungen an eine „saubere“ Politik entspricht.

wer ist stärker – die Bild oder der Bundespräsident – 1:0 für die BILD

Zu dem Thema kommt mir auch das Wort Wahrheit in den Sinn. Was ist wahr, was wird als wahr dargestellt, wie wird Wahrheit „gebogen“ und „vergewaltigt“.  Kurz wieder aus Wikipedia – Wahrheit – Dem Begriff Wahrheit werden verschiedene Bedeutungen zugeschrieben, wie Übereinstimmung mit der Wirklichkeit und dem eigenen Tun und der daraus resultierenden Wahrhaftigkeit. Daneben kann das zugrunde liegende Adjektiv „wahr“ aber auch die Echtheit, Reinheit oder Authentizität einer Sache, einer Handlung oder einer Person beschreiben.

Gut – zurück zu meinen eigenen Gedanken – was ist wahr, wenn wir über eine Sache wie die Causa Wulff nachdenken – Ist es wahr was Wulff sagt? Ist es wahr was die BILD-Zeitung sagt? Mein Zugang ist – die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte und meine Meinung ist, BEIDE die BILD-Zeitung und Christian Wulff haben Fehler gemacht.  Die BILD Zeitung und die ihr nachfolgenden Medien wollten beweisen, wer stärker ist – die BILD-Zeitung oder das mächtigste Amt des Staates, das des Bundespräsidenten – und das Ergebnis kennen wir – die BILD-Zeitung ist stärker. Und das finde ich sehr, sehr gefährlich.
In meiner Schulzeit lernte man uns die Grundgedanken einer Demokatrie – die Gewaltenteilung (auch Gewaltentrennung genannt) –  die Staatsgewalt wird dabei zum Zwecke der Machtbegrenzung und der Sicherung von Freiheit und Gleichheit auf mehrere Staatsorgane verteilt. Nach historischem Vorbild werden dabei die drei Gewalten Gesetzgebung (Legislative), Vollziehung (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative) unterschieden.
Diese Grundgedanken sind gut – aber mittlerweile haben sich diese Gewalten „gewaltig“ verändert – Meiner Meinung nach ist über diese Gewaltentrennung alter Art noch die Macht der Medien „geschlichen“. Und dies ist jetzt die eigentliche Macht im Staate. Warum getraut sich nicht einmal die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel „ihre“ Wahrheit über die Vorgangsweise der BILD-Zeitung und der anderen Medien zu sagen.

Sie kann es nicht – weil sie weiss ganz genau, dass sie KEINE einzige Wahl in Deutschland gewinnen kann, wenn sie die BILD-Zeitung als Gegener hat. Und deshalb „prostituiert“ sie sich, wie fast alle anderen vor diesem Medium. Früher war das nur eine ganz starke Zeitung, heute mit Internet und den Verbindungen zu den Fernsehanstalten ist die Macht der Medien ins unermessliche gestiegen. Die BILD-Zeitung entscheidet wer Bundespräsident in Deutschland wird und wann er wieder abzutreten hat.

Das ist eine ganz gefährliche Entwicklung. WARUM – weil in den Medien die um kein bißchen „wahrhaftigeren“ Menschen sitzen als anderswo – im Gegenteil – ALLES aber auch alles wird für die Quote und für die Auflage gemacht.

Und macht euch das nicht nachdenklich – Innerhalb von 24 Stunden schaffen die Schreiberlinge es, einen eigentlich beliebten Präsidenten so dermaßen in Verruf zu bringen, daß er zur Haßfigur wird. Da wird einem Chefredakteur von dem anderen Material zugespielt, da werden die Anwälte mit Fragen nach Urlaub, Krediten, Autos und Kleidern  der Gattin überschüttet, die „Zielperson“ so richtig breit in der Öffentlichkeit fertig gemacht.

Dann eine Unzahl von Fernsehsendungen – und ich sah viele davon – jedes Mal war es dasselbe – die eingeladenen Gäste waren IMMER in der Mehrheit gegen Wulff. Da frag ich mich schon, was ist aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter von ARD und ZDF geworden. Von den „Privaten-Fernsehanstalten“  will ich mal gar nicht reden, die verfolgen sowieso ganz, ganz andere Ziele.

Natürlich hat  Wulff Fehler gemacht – ABER wer macht den keine – der einzige Unterschied zu anderen ist, dass bei den Anderen nicht so im Detail nachgeschaut und geschnüffelt wird oder wurde. Da wird jetzt der Altkanzler Gerhard Schröder als ein seriöser, korrekter, gradliniger Politiker hingestellt. Da muss ich nur lachen – der hat schon durch seine Russland-Politik seinen späteren Millionen-Posten bei Gazprom in die Wege geleitet. Dagegen ist Christian Wulff nicht einmal ein „Taschendieb“ ohne Beute.
Und die BILD-Zeitung legt nach – sie wollen diesen Mann „vernichten“ – gestern die Meldung – Wulff bei der Staatsanwaltschaft angezeigt – das geht ja, das stimmt ja – aber darunter – drohen ihm jetzt bist zu 3 Jahren Haft???  So eine Sauerei – die Leser werden unterschwellig beinflusst – muss doch was drann sein  – 3 Jahre das ist aber viel – ja das wäre viel, ABER das bekommt Wulff nicht und das weiss die BILD-Zeitung genau, aber das schreiben sie nicht. Sie wollen, dass Wulff als „Verbrecher“ in Erinnerung bleibt.
Für mich stellt sich schon die Frage – hat der Staat die Macht aus den Händen gegeben und sie in die Hände der BILD-Zeitung gelegt. Wie macht das die BILD??
Hier ein Erklärungsversuch:
1. Die Bildzeitung ist omnipräsent und ist eine Straßenzeitung. Sie liegt nicht verborgen als Abo getarnt im Briefkasten wie andere Tageszeitungen, sondern die Bild liegt genau da wo sich sehr viele Menschen bewegen und aufhalten. Diese Sichtbarkeit führt auch zu einer Art “Vorbeihuschjournalismus”.  Bild hämmert die Schlagzeile ihrer Titelseite gnadenlos und unfilterbar in unsere Gehirne. Wir lesen sie, assoziieren und bewerten sie sogleich, kurzum sie haben ihren Auftrag erfüllt und uns auf das jeweilige Thema aufmerksam gemacht und unser Bewertungssystem angeschoben, ob wir das nun wollten oder nicht.
2. Damit diese Schlagzeilen sich im Vorbeihuschen so wirksam  einnisten, benötigen sie eine ganz bestimmte Form. Die Bildzeitung (und alle anderen Boulevardmedien) versteht es, komplexe Sachverhalte in eindringliche, hochemotionale Schlagzeilen und knackigen „Artikeln“ zusammenzufassen. Der Mensch liebt Simplizität – und das bedient die Bild-Zeitung. Fremdwörter sind demnach tabu, denn die Wahrscheinlichkeit, dass zu viele Menschen das Wort nicht kennen wäre zu groß. Es geht hier um den kleinsten gemeinsamen Nenner der Bildung. “Wir sind Papst” versteht jeder.
3. Die Bildzeitung verarbeitet meist qualitativ hochwertige Informationen zu qualitativ minderwertiger Kost. Das heißt die Journalisten der Bildzeitung sind extrem gut ausgebildet – das Produkt spricht die Sensationslust und die Triebe der Menschen an.
4. Die Bildzeitung hat so etwas wie eine magische Aura. Weniger der Harry Potter Style, als viel mehr der, dessen Namen nicht genannt werden darf. Oder wie Boris Becker neulich auf Twitter daherpolterte: “(…) MAN legt sich niemals mit BILD an ,oder MAN gewinnt WIMBLEDON”
Die Bild hat das Image einer übermächtigen, ehrfurchterregenden bis angsteinflößenden Ikone. Eine Art Golem, den man für sich nutzen kann (positive Aufmerksamkeit und Reichweite) oder der sich wütend gegen seine “Feinde”  wendet.
5. Die Bildzeitung ist Teil eines professionell geführten Medienkonzernes und die jeweiligen Chefetagen, egal ob auf journalistischer oder betriebswirtschaftlicher Ebene, sind extrem dicht und hervorragend vernetzt mit fast allen einflussreichen Menschen, die sogenannten „Promis“ aus Politik, Wirtschaft, Medien, Showbusiness etc.
6. Die Bildzeitung und ihre Meldungen haben einen enormen “Retweet-Wert”. Das heißt, selbst wenn man sich über die Bildzeitung echauffiert, empfiehlt man sie dann doch indirekt über Bande weiter. Das wiederum steigert die Wahrnehmung ihrer Omnipräsenz. Die Bildzeitung wird oft auch durch Kritik an ihr selbst wieder zum Thema. Sie bleibt somit immer im Gespräch und lebt von der aus Provokation genährten Gesamtaufmerksamkeit, was wiederum ihr Image als omnipräsente Meinungsmacher stetig befeuert.

Und wer die Schlagzeilen und die Chronologie lt. BILD nachlesen will – Bitte schön!!

Also mir ist gar nicht wohl bei meinen Gedanken in diesem „Brief von Gerd“ – und ein Satz eines Bild-Chefredakteurs aus einer Talk-Sendung´, die ich gesehen habe, geht mir nicht aus dem Kopf.
Wer mit der „Bild“ im Aufzug nach oben fährt, fährt auch mit ihr runter!! Und wann das eine oder andere der Fall ist, das entscheidet ganz allein die BILD.
In Gedanken – euer G.Ender